Viele Kundenprojekte sind bereits in der Angebotsphase zum Scheitern verurteilt

 

Nehmen wir an, als Unternehmen wurden sie zum Request for Information eingeladen, und sind unter den letzten drei Kandidaten, welche jetzt aufgefordert sind, den Request for Quotation auszufüllen, das bedeutet ein konkretes Angebot abzugeben. Bereits in dieser Phase sind viele Projekte zum Scheitern verurteilt. Warum denn das? 

Dafür gibt es einige gravierende Gründe. 

1.      Das Unternehmen möchte den Auftrag, ungeachtet dessen was es kostet. 

2.      Das Unternehmen ist von sich so überzeugt, dass es meint, trotz fehlender Expertise ggf. durch Zukäufe in der Lage zu sein das Projekt zu stemmen. 

3.      Der häufigste Grund ist, dass man in der Phase Request for Quotation, kurz RfQ, zu wenig in die Anforderungsdetails investiert. 

Was heißt das? 

Das Anforderungsmanagement, neudeutsch Requirement Engineering, ist notwendig um die gesamten Anforderungen an ein Produkt zu kennen. Früher, aber auch heute noch, haben Unternehmen Lastenhefte geschrieben und der Auftragnehmer hat daraus ein mit dem Kunden abgestimmtes Pflichtenheft entwickelt. Im Pflichtenheft sind die detaillierten mit dem Kunden abgestimmten Anforderungen. Gerade bei der Neuentwicklung von Produkten ist eine detaillierte Kenntnis der Kunden Requirement unverzichtbar und da beginnt das Problem. Nur anhand der im Pflichtenheft festgeschriebenen und mit dem Kunden abgestimmten Requirement kann ein profundes Angebot, was heutzutage als RfQ bezeichnet wird, abgegeben werden. Diese detaillierten Anforderungen im Pflichtenheft sind notwendig, um den gesamten Projektaufwand und die Kosten realistisch einzuschätzen. 

Es ist toll, wenn man als Unternehmen nominiert wird. Jedoch jetzt beginnt die nächste Phase im Projekt, das Planen, die passenden Mitarbeiter rekrutieren, das Projekt aufsetzen. Dabei geht es auch um die Projekt-Management Methoden welche zum Einsatz kommen sollen oder werden. Neuerdings werden viele Projekte mittels Scrum Methode aufgesetzt, jedoch kann auch Scrum die fehlenden detaillierten Requirement nicht wettmachen. 

Genau an diesen fehlenden exakten Requirements scheitern viele der Projekte, ungeachtet der Projekt-Management Methode. Viele Projekte bei denen ich zu einem späteren Zeitpunkt als Interim-Manager engagiert wurde, standen wegen der Fehleinschätzungen der Kosten, der fehlenden detaillierten Requirement bereits in tiefroten Zahlen und waren schon erheblich im Zeitverzug. Die Risiken das Projekt erfolgreich zu managen wurden mit jedem Tag größer, die Erfolgsaussichten kleiner.

Wie kann man ein Projekt retten, welches sich in der Schieflage befindet? 

Dazu gibt es kein Allheilmittel. Aus meiner Sicht ist der erste Schritt, die Anforderungen mit dem Kunden umgehend zu verifizieren, denn nur anhand eindeutiger Requirement können die Entwickler die Anforderungen umsetzen. Und es geht weiter, anhand der präzisen Requirement, kann nun das Testteam die Teststrategien und Tests entwickeln. 

Warum ist Eindeutigkeit unumgänglich? 

·        Der Ausführende einer Aufgabe weiß genau, welche Ergebnisse von ihm bzw. vom Team erwartet werden 

·        Die Rückfragen werden drastisch verringert um Unklarheiten der Aufgaben zu klären 

·        Die Zeitschiene, der Zeitaufwand sind durch genaue Aufgaben leichter abzuschätzen 

·        Risiken für einzelne Entwicklungsschritte sind besser vorhersehbar 

Mit anderen Worten, es lohnt sich in die Anforderungsanalyse in jeder Phase, ob beim Angebot oder im Projekt, viel Zeit und Wissen zu investieren. 

Fest steht, Kunden schreiben in den meisten Fällen ein sogenanntes Wunschkonzert aus, welches sich bei genauer Betrachtung als teilweise schwer zu realisierende Gesamtaufgabe erweist. Wie man solche Themen bearbeitet, wie man Eindeutigkeit herstellt, darüber können sie mit mir sprechen bzw. diskutieren. 

Gruß 

Kurt Jelinek (MSc, Beng.)